Die Quick Fixes zum 01.01.2020 und ihre Vereinbarkeit mit der Rechtsprechung des EuGH

RL (EU) 2018/1910 des Rates vom 4. Dezember 2018 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Harmonisierung und Vereinfachung bestimmter Regelungen des Mehrwertsteuersystems zur Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten, umgesetzt in…

 

…Österreich: Bundesgesetz, mit dem u.a. das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird (StRefG I 2019/20)

 

…Deutschland: Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (= Jahressteuergesetz 2019 = JStG 2019, BGBl. 2019 I S. 2451)

Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (abgekürzt UID in Österreich oder USt-IdNr. in Deutschland) ist eine eindeutige Kennzeichnung eines Rechtsträgers, der am umsatzsteuerlichen Waren- und Dienstleistungsverkehr in der Europäischen Union (EU) teilnimmt. Dazu gehört bis zum 31.12.2020 auch (noch) das Vereinigte Königreich.

Der EuGH, der eine formalistische Interpretation der MWStSystRL ablehnt, stufte dieses UID-Erfordernis bislang als ein rein formelles Kontrollerfordernis ein.

Die RL (EU) 2018/1910 hat daraus aber, seit 01.01.2020, eine materiellrechtliche Steuerbefreiungsvoraussetzung des Art. 138 MwStSystRL gemacht, die nationalen Gesetzgeber in Deutschland und Österreich haben ihre jeweiligen Umsatzsteuergesetze entsprechend angepasst. Damit steht der europäische und österreichische (und deutsche) Gesetzgeber in klarem Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH, der den reinen Kontrollcharakter der UID gerade auch in Kenntnis ihrer überragenden Bedeutung für das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems festgestellt hat.

Die Frage ist nunmehr, ob diese Neuregelung dem vom EuGH in ständiger Rechtsprechung betonten Grundsatz der Ablehnung von Formalismen standhält, der i. W. auf dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beruht?

Sodann hat der europäische Gesetzgeber auch die Zusammenfassende Meldung (= ZM) mit materiell-rechtlichem Charakter ausgestattet und die ZM-Abgabepflicht auf innergemeinschaftliche sonstige Leistungen ausgedehnt, auch diese Änderung haben die nationalen Gesetzgeber in Österreich und Deutschland bereits umgesetzt. Indes dient die ZM (Zusammenfassende Meldung) einem reinen Kontrollzweck.

Die Unternehmer sind darin verpflichtet, die Summen der von ihnen getätigten innergemeinschaftlichen Lieferungen an jeden Erwerber mit dessen UID der Höhe nach gesondert dem Fiskus (in Österreich dem Finanzamt Österreich, in Deutschland dem Bundeszentralamt für Steuern) zu melden.

Auch diese materiell-rechtliche Ausgestaltung einer rein formellen Kontrollpflicht dürfte mit dem Grundsatz der Ablehnung von Formalismus schwerlich zu vereinbaren sein.

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